Dienstag, 24. Juni 2008

Fußpilz

Also das mit diesen Fahnen und dem Geschreie jeden zweiten Abend, das macht mich ziemlich fertig. Und nicht nur mich:

Freitag, 13. Juni 2008

Niemals

Ich werde mich niemals damit abfinden das man nichts tut, ich weiss warum sie sagen man kann nichts tun, weil sie nichts tuen wollen.
Aber ich will etwas getan haben.
Wir haben gelernt das reden ohne Handeln unrecht ist.

Dienstag, 10. Juni 2008

Iran – Zweiter Teil

Hier der zweite Teil aus dem Iran the second one...



Iran – Zweiter Teil

Von Max

. Teheran scheint uns keine gute Stadt zum Verweilen. Neben der Hässlichkeit und dem Smog macht uns vor allem die Kälte zu schaffen. Dass es im Februar hier deutlich kälter als im Scheißwetterland Germany und die Strassen von verdrecktem Schnee gesäumt sein würden, hätten wir nicht vermutet. Somit beschleunigen wir unseren Plan, das Land gen Süden zu durchkämmen und in Richtung persischer Golf verträglichere Klimazonen mitzunehmen. In einem Reisebüro in der Nähe des Teheraner Bahnhofs erstehen wir problemlos ein Ticket, um am nächsten Morgen den Zug Richtung zu besteigen. Das überraschend geräumige Abteil weiß durch große Beinfreiheit, Air-Condition und in die Vordersitzlehnen eingelassene Flachbildschirme durchaus Eindruck zu hinterlassen, was vor allem daran liegt, dass wir für die 7-stündige Fahrt inklusive Essen lediglich 5 Euro hinlegen mussten. Der subventioniert nämlich nicht nur sein Benzin auf Teufel komm raus, sondern auch den Zug‑ und Flugverkehr. Nicht mal in China kommt man so billig von A nach B.

In angekommen erfreuen wir uns an der einladenden Ästhetik der Stadt: Breit ausgebauten Strassen mit Baumaleen, luxuriöse Fußgängerwege (!!) und ein Fluss mitten durch die Stadt mit sehr schicken alten Brücken darüber, dazu massig Parks. Nicht zu vergessen der zweitgrößte Platz der Welt, umstellt von alten persischen Prachtbauten. Hier lässt es sich (für iranische Verhältnisse) gut aushalten und so mieten wir uns erstmal für eine Woche in ein fein gelegenes Hotel ein.

Wir sind des Abends auf der Suche nach einem schmackhaften Restaurant und haben uns dabei ein wenig verlaufen. Ein junger und sympathisch wirkender Typ spricht uns in perfektem Englisch an und nach den üblichen »Wo kommt ihr her«-Fragen bietet er direkt an, ihn zu sich Nachhause zu begeleiten. Wir freuen uns und gehen mit. In seiner Bude liegt bereits sein Kumpel ziemlich stoned auf dem Bett und schaut US-Basketball per Satelliten-TV. Unser Gastgeber erzählt, dass er grade von einem Türkei-Aufenthalt zurückgekommen sei und dieses Scheißland hier bald zu verlassen gedenke. Trotz der hohen Geld‑ und Visa-Hürden ist er guter Dinge, dass sein Wille den Weg schon irgendwie besorgen werde. Dann fragt er uns, ob wir lieber Tee oder Grappa trinken möchten. Wir meinen erst, uns verhört zu haben, bekommen dann aber tatsächlich trinkbaren Grappa aus einer etikettlosen Plastikflasche eingeschenkt. Inzwischen sind noch mehr seiner Freunde eingetroffen, die auf dem Boden sitzend persisches Backgammon zocken, lakonische Bemerkungen zum Fernsehprogramm abgeben und kräftig mittrinken. Der Grappa ist home-made von armenischen Christen und knallt ganz schön. Während unser Pegel steigt, erzählt unser neuer Freund von einem Typen, der dreimal betrunken von der Polizei erwischt worden wäre. Jedes Mal hat er anstatt zu leugnen stolz zu seiner Untat gestanden. Ob des ausbleibenden Lernerfolges haben die Cops ihn dann nach dem dritten Mal schlichtweg ermordet. Den Wahrheitsgehalt der Geschichte rückt unser Gastgeber zwar selber eher in die Nähe einer »urban legend«, die Kernaussage, dass Alkoholkonsum schwer bestraft wird, ist allerdings stimmig. Unserer Paranoia tut das nicht gut. Die angebotenen Minz-Kaugummis, die als Kraut gegen die Kontrollen der (religiösen) Polizei gewachsen sein sollen, wirken wenig beruhigend. Wir schaffen es dann doch noch, uns zu entspannen und verbringen den Rest des Abends mit guten Diskussionen, etwa über die Unsinnigkeit des Islams, die Frage der wahren Liebe und der Qualität des afghanischen Haschs. Nachdem wir uns von dieser höchstpersönlich überzeugen konnten, beschließen wir bei unserem neuen Freund zu nächtigen, der, während auf seinem Computer »American Gangster« läuft, bereits im Sitzen eingeschlafen ist.

Das Straf-Ranking für läuft hier ziemlich genau entgegengesetzt zu westlichen Vorstellungen. Als schlimmste Droge gilt der Alkohol, dessen Konsum bereits beim ersten Mal wenigstens mit Auspeitschen bestraft wird. Weniger schlimm aber auch nicht gern gesehen ist Hasch (1g = 1$), dass noch pappig und mit der Konsistenz von Knete über die Afgahnische Grenze kommt. Es gilt den iranischen Behörden als schwer süchtig machend und der durch das Hasch ohnehin aggressive Konsument sei zu jeder Beschaffungskriminalität fähig. In Deutschland ist der Kiffer ja eher als Schlaftablette bekannt. Die billigsten, am leichtesten zu bekommenden und am wenigsten bestraften sind Opium und Crack. Auf der Strasse und in Bussen treffe ich regelmäßig Jugendliche, denen ihrer Verstrahltheit auf 50m anzusehen ist. Mit schwer geröteten Augen bewegen sie sich im Tempo von Pflanzen und sind mit jeder Kommunikation schwer überfordert. Viele meiner Gesprächspartner hier sind der Meinung, dass der Opiumkonsum vom System gern geduldet werde, da vom Süchtigen keinerlei Wille zur Änderung der Zustände zu befürchten sei. Ob dem wirklich so ist kann ich nicht beurteilen. Wenn man allerdings ständig – ob in Wohnungen oder Parks – zum Saufen, Kiffen oder Opium-Rauchen eingeladen wird, bekommt man eine Ahnung davon, wie normal und verbreitet der Rausch ist. Mir schien es ohnehin so, dass sich Jugendliche, da sämtliches öffentliches Leben quasi verboten ist, entweder in die innere Emigration des Lesens intellektueller Schriften retten und/oder die Langweile und den Terror mit den verfügbaren Substanzen abfedern.

Beim Bummeln durch die schwer bevölkerten Shopping-Strassen Isfahans werde ich mal wieder angesprochen. Als mein Gegenüber erfährt, dass ich aus Deutschland komme, fangen seine Augen an zu leuchten und er beginnt von seiner großen Liebe zu Nietzsche zu erzählen. Um den auch mal im Original lesen zu können, hat er angefangen, sich selbst Deutsch übers Internet beizubringen. Stolz gibt er seitenweise Nietzsche-Zitate zum Besten. Die folgenden fünf Stunden verbringen wir mit Diskussionen über Filme, Religion und die Liebe. Mein Gesprächspartner ist begierig alles über Nietzsche, Freud, Heidegger und Proust zu erfahren. Ich bin dabei immer wieder über sein immenses Wissen beeindruckt und beschämt über meine Lücken. Auch er beschwert sich heftig über die grenzenlose Dummheit der Religiösen in seinem Land und dass er am liebsten Atheist werden würde, dies aber leider unter Todesstrafe steht. Zwischendurch erzählt er, dass er vor ein paar Jahren aus Liebeskummer alkoholabhängig geworden sei. Da man dem Alkohol auf dem Schwarzmarkt nicht trauen könne, habe er ein Jahr lang Ethanol aus der Apotheke bezogen. Das sei wenigstens nicht gepanscht. Er sagt, seitdem macht sein Magen ab und zu Probleme. Ich sage, er solle sich freuen, nicht komplett blind geworden zu sein.

. Auf unserem Weg Richtung Küste machen wir Halt in der Großstadt , die ausser einem netten Wasserpfeifen-Café samt verstrahlter Kundschaft wenig zu bieten hat. Wir beschließen also, hier lediglich ein paar notwendige Erledigungen wie Postkartenverschicken und Verwandschaftsanrufe abzuhaken und dann weiterzureisen. Als ich in einem Telefonshop grade versuche, meine Oma per Ferngespräch zu beruhigen, dass ich im nicht automatisch entführt oder enthauptet werde, bricht der Besitzer des Ladens mein Telefonat ab, da er Feierabend machen möchte. Ich frage ihn, wann er denn am nächsten Morgen öffnen werde und er entgegnet in schlechtem Englisch, dass sein Geschäft morgen geschlossen sei. Als Begründung schiebt er nach: »Tomorrow…Crazy religious people…Government…Holiday…Closed«.

Am nächsten Morgen werden wir um halb neun von ohrenbetäubendem Lärm geweckt. Das Geschrei von riesigen Menschenmassen füllt förmlich den gesamten Raum und es scheint von sehr nah zu kommen. Aus Megaphonen ertönt eine fanatische Stimme, die irgendwelche Parolen vorschreit, die dann von tausenden aufgepeitschten Kehlen nachgeschrieen wird. Nach dem ersten Schreck trauen wir uns aus unserem Hotelzimmer und schleichen uns zum Fenster des Flurs, das den Blick auf die Strasse vor unserem Hotel freigibt. Vor unseren Augen schiebt sich eine monströse Massendemonstration voran, die nicht mehr zu enden scheint. Wir fassen weiter Mut und begeben uns vor den Eingang des Hotels auf die Strasse. Alles was ich an Demos in Europa bislang gesehen habe, ist gegen das hier ein zahmer Witz. Unmengen an schwarz verschleierten Frauen, Fahnen, Transparenten und Wägen füllen die breite Strasse komplett aus. Anstatt von Lautsprecher-Wägen stehen überall fest installierte Megafon-Masten auf der Strasse, deren Parolen nicht von 50 oder 500 sondern mehreren tausend Menschen synchron nachgebrüllt werden. Das einzige was wir aus dem monotonen Wiederholungsbrei raushören können, ist »Nieder mit Israel! Nieder mit USA! Lang lebe der . Es ist leicht zu erkennen, dass die mitgetragenen Transparente professionell massengefertigt wurden. Einige Plakate hetzten auch mit englischen Parolen gegen Israel und die USA. Den Kindern hat man Martyrer-Kitsch umgehängt, sie schreien begeistert mit. Neben einer Bush‑ und einer Condola-Rice Papp-Puppe stösst mich besonders eine menschgroße »Juden-Puppe« ab, die mit Hemd und Krawatte, Bart und Schäfchenlocken, Davidsternbinde und dickem Bauch keine Widerlichkeit auslässt. Das ist kein Youtube-Video, das ist echt. Das ist auch keine verschrobene Minderheit sondern die absolute Masse! Es wirkt unglaublich bedrohlich.

Die Masse vor uns wirft uns interessierte Blicke zu und winkt vereinzelt. Die Stimmung scheint ausgelassen wie auf einem Volksfest oder Faschingsumzug. Ich denke, so muss der Faschismus aussehen. An den Seiten stehen Einheiten der Spezial-Polizei, die in ihren schwarzen Uniformen, schwarz-verspiegelten Sonnenbrillen vor ihren schwarzen Autos wie Klischee-Folterer aus drittklassigen Action-Filmen wirken. Die Demo hört nicht auf. Am Nachmittag wird das iranische Fernsehen berichten, dass zu den Feierlichkeiten des 27. Jahretstages der islamistischen Revolution auch in etwa drei Millionen Menschen auf der Strasse unterwegs waren. Eine Nazi-Demo in Deutschland ist meist überschaubar. Hier marschiert die ganze Stadt. Nach vier Stunden ist die Masse an unserem Hotel vorbeigezogen. Mein Gefühl von Bedrohung schlägt mehr und mehr in Verachtung und Hass um. Ich habe das dringende Bedürfnis, hier jemanden zur Vernunft zu schlagen. Absolute Ohnmacht. Nachdem der ganze Spuk vorbei ist, ziehe ich ziellos und wütend durch die Stadt. Innerhalb einer halben Stunde werde ich zweimal angesprochen. Zunächst von einem älteren Mann, der sich bei mir für die Demonstration entschuldigen möchte und erklärt, die Teilnehmerinnen würden alle für die Regierung arbeiten. Danach hält mich ein junger Typ Anfang zwanzig an und erzählt mir dasselbe. Er scheint ähnlich wütend wie ich und ergeht sich in Fantasien über einen Angriff der USA, der mit dem ganzen Scheiss hier Schluss machen solle. Ich bleibe mit einem Strudel sich widersprechender Gefühle zurück.

Durch den zu reisen schickt die Erfahrung immer wieder auf das Abstellgleis Ambivalenzkonflikt, ohne Ausstiegsmöglichkeiten anzubieten. Immerhin hat man die Gewissheit im Gepäck, dass hier die Kultur krank ist und nicht man selber.

Einerseits habe ich solch eine Hilfsbereitschaft und Offenheit der Einheimischen Reisenden (Fremden?) gegenüber noch nie erlebt. So willkommen fühlt man sich selten. Ständig wird man in überraschend gutem Englisch angesprochen und zu Diskussion, Tee oder Abendbrot eingeladen. Antriebsfeder ist dabei Neugier und tatsächliches Interesse, nicht Überlegungen welchen instrumentellen Nutzen man aus dem Gespräch ziehen könnte (z.B. Etwas zu verkaufen oder kostenlos englisch zu lernen, wie es in China üblich ist). Wenn man auf der Straße steht und etwas verloren dreinschaut oder gar durch die Handhabe einer Straßenkarte als orientierungssuchend gebrandmarkt ist, kommt ruck zuck jemand angelaufen um Hilfe anzubieten. Mit der Zeit ist es gar nicht so einfach, zwischen der eigenen peinlichen Berührtheit ob soviel Hilfsbereitschaft und dem sich nach und nach einstellendem planmäßigen Ausnutzen dieser Freundlichkeit, ein für sich selbst moralisch integeres Maß zu finden.

Auf der anderen Seite ist der die widerlichste Islamisten-Diktatur, die ich je live erleben musste. Wie es hier um Frauen, Homosexuelle oder das öffentliche freie Denken bestellt ist, sollte ja bekannt sein. Auch könnte man seitenweise Kuriositäten der iranischen Gesetzgebung aufzählen, was alles als unislamisch verboten ist (etwa das Zeigen von Musikinstrumenten im Fernsehen oder das Tragen hoher Stiefel). Wer je vergessen sollte, dass er hier den besucht, wird durch die Omnipräsenz der Portraits alter Männer mit Bart oder junger Kriegsmärtyrer, die an jeder zweiten Wand aufgehängt oder aufgemalt sind, an die Realität gemahnt. Auch beinahe jedes Gespräch mit den Einheimischen kommt gleich zu Anfang auf das Leiden am System zu sprechen. Wirklich Jeder und vor allem Jede weiß von Schikanen und Gewalt seitens der (religiösen) Polizei zu berichten. Händchenhalten ohne verheiratet zu sein kostet Geld, manchmal wird man auch zusammengeschlagen. Wenn das Kopftuch zu weit nach hinten gerutscht ist, kostet das auch Geld. Manchmal bekommt man dafür aber auch ein Bein gebrochen. Willkürlicher Terror seitens der religiösen Polizei schürt Angst und Paranoia und hält damit die Schäfchen besser in Zaum als jede ausgefeilte Videoüberwachung.

Vor Antritt der Reise gab es aus dem Freundeskreis einzelne Vorwürfe, ich würde mit meinem Vorhaben indirekt den unterstützen und betreibe Elendstourismus. Vor Ort habe ich häufig das Gefühl, ich besuche Menschen im Knast. Ob man damit das Gefängnis und dessen Leitung unterstützt? Freilich hängt das Bild ein wenig schief, da mit letzter Gewissheit nicht zu sagen ist, anhand welcher Kriterien man als Reisender den Wärter vom Insassen unterscheiden kann. Damit zurück zur ambivalenten Wahrnehmung zwischen offener Freundlichkeit der Menschen und des faschistischen Regimes. In den meisten Fällen stehen sich beide unversöhnlich feindlich gegenüber. Manchmal können sie aber auch durchaus Händchenhalten.

Fortsetzung folgt…

(Es passiert mir sehr selten, dass ich auf Reisen andere »Westler« kennen lerne, die nicht dem Klischee des üblichen Travellers entsprechen und mit denen man gern länger Zeit verbringen möchte. Umso erfreulicher, dass ich in Yazd den äusserst symphatischen Londoner Fotografen Isaac kennenlernen durfte, dessen Weblog ich hier schwer zum Weiterlesen empfehlen möchte. Mit ihm wurde ich unter anderem Zeuge eines obskuren Selbstgeißel-Rituals, das Isaac in Text und großartigen Bildern festgehalten hat).

Sonntag, 8. Juni 2008

inga.

ich bin verliebt. Er heißt weder Tim noch Tom. Und er hat auch nicht die tollsten meerblauen Augen der Welt. Nein, er ist auch nicht der hübscheste Junge, den ich je gesehen habe und es war auch keine Liebe auf den ersten Blick...obwohl, auf den ersten Blick war es schon, halt nur keine Liebe. Mein Herz klopf, wenn ich an ihn denke, das reicht doch, oder? Ja okay, vielleicht bin ich auch dr glücklichste Mensch auf der Welt, wenn wir zusammen sind. Ich bin verliebt. Ich kann mich weiterhin konzentrieren, das geht noch. Ich habe auch keine Schmetterlinge im Bauch, wie soll das auch gehen. Bei mir sind das Bauchmuskelerektionen. Fühlt sich aber genauso an wie Schmetterlinge, sind nur keine. Ich bin verliebt, ich möchte ihm Steine schenken und leere Wasserflaschen. Ich möchte mit ihm auf hausdächer klettern und in Supermärkten Käse klauen. Ich möchte bei ihm sein, so ist das doch, wenn man verliebt ist, oder?

Freitag, 6. Juni 2008

die sonne scheint in mein fenster und...

Heute, wird Party gemacht ich werde nun ein Stündchen mein Gemüht erholen lassen. Dabei lasse ich mich schon einmal ein bisschen mit Radio -Quintessenz
beschallen lassen. Um dann etwas später dem Abend genüsslich entgegen zu schauen
.



Mittwoch, 4. Juni 2008

Iran – Erster Teil

Ich habe mal wieder etwas interssantes bei Beatpunk gefunden, was ich an dieser Stelle dokumentieren möchte:



Vorspiel: Wie bekommt man ein Visum für den ? Ich klicke mich durch zahlreiche Internet-Foren und bin erstmal etwas verunsichert. Man brauche eine Einladung aus dem , eine Referenznummer, vorher könne man ein Visum gar nicht erst beantragen. Jedes Konsulat entscheide nach gutdünken, in der Türkei gebe es das Visum ohne jeglichen Stress nach ein paar Tagen, in anderen Ländern müsse man mehrmals antanzen. Einige haben irgendwann frustriert aufgegeben. In Deutschland muss man sich entweder an das Konsulat in Berlin oder Frankfurt wenden. Aufgrund meiner Postleitzahl ist für mich die Frankfurter Stelle zuständig. Auf deren Internetseite kann ich nichts von speziellen Anforderungen wie einer Einladung oder Ähnlichem finden. Mehrere Frankfurter Reisebüros bieten die Besorgung eines Iranischen Visums an und berechnen einen saftigen Batzen extra um die erforderliche Referenznummer zu besorgen. Nach mehreren Tagen bekomme ich tatsächlich einen verantwortlichen Mitarbeiter des Frankfurter Konsulates ans Telefon, der mich unwirsch darauf hinweist, dass ohne eine Einladung auch kein Visa zu haben wäre. Wie denn eine solche Einladung zu bekommen sei, frage ich schüchtern nach. Der Konsulatsmitarbeiter diktiert mir eine private Handynummer und sagt, dort solle ich mal anrufen, da werde mir geholfen. Ich wähle die Nummer und erreiche einen Mann mit persischem Namen, der grade im Auto unterwegs ist und mir etwas umständlich seine Email-Adresse diktiert. Dort solle ich meine Visumsanfrage hinschicken, er werde mir dann die erforderlichen Informationen und Unterlagen zukommen lassen. Einen Tag später erhalte ich den Vordruck für das Visa plus eine Kontoverbindung, auf die ich neben den Visagebühren noch mal 60,-€ extra einzahlen soll, damit die Referenznummer besorgt wird. Ich überweise das Geld und schicke meinen Reisepass an die angegebene Adresse. Vier Tage später finde ich den Pass inklusive des gewünschten Visums in meinem Briefkasten.

Teheran. Am erst vor wenigen Jahren fertiggebauten Imam-Khomeini-Flughafen empfangen mich großformatige Portraits alter Männer mit Turban, Bart und Brille, die monströs von der hohen Hallendecke hängen. Ich werde mich an ihren Anblick gewöhnen müssen. Mit dem Taxi dauert es etwa 45min bis ins Zentrum der Stadt. Wann die Vororte aufhören und das Stadtzentrum anfängt, ist zunächst nicht zu erkennen. Alles sieht gleich trostlos und abgefuckt aus. Den ersten Eindruck, den Teheran erweckt, ist der eines Kriegsgebietes. Zumindest der Ästhetik nach. Alles grau. Viele Häuser sind unverputzt. Verfallene Baustellen. Kaum höhere Gebäude. Abgeranzte Strassen. Alles scheint gleich auszusehen. Werbung an Shops oder Reklametafeln wird ersetzt durch omipräsente Khomeini-Portraits. Oft ist auch sein Nachfolger Chamenei zu sehen, der nicht nur einen ähnlichen Namen sondern auch das gleiche Outfit zum besten gibt. Portraits von Achmadenischad sieht man so gut wie nie. Abwechslung zum Grau bieten riesige auf Häuser aufgemalte Bilder irgendwelchen Märtyrer, meist aus dem -Irak-Krieg. Dazu Parolen. Von der Ästhetik erinnert das ganze an die Wandmalereien der IRA in Irland. Khomeini ist dermaßen überpräsent, dass ich ihn gleich noch mal erwähnen muss. In Ämtern, Restaurants, Hotels, Cafes, sogar in Kinderzimmern wacht er über seine Untertanen.

Zur Erinnerung: Der Khomeini, der den Schah gestürzt und die islamistische Revolution angeführt hat. Der Khomeini, der danach alle Mitstreiter des Umsturzes hat ermorden lassen (Demokaraten, Kommunisten, Gemäßigte). Der Khomeini, der das heiratsfähige Alter für Frauen auf 9 Jahre heruntergesetzt hat. Der Khomeini, der die Ermordung Salman Rushdies per Fatwa verordnen ließ. Der Khomeini, der im -Irak-Krieg tausenden von Grundschülern Plastikschlüssel hat übergeben lassen um sie dann der ehrenvollen Aufgabe der Räumung verminter Felder zu überantworten. Ehrenvoll deshalb, weil sich die Kinder durch Ablaufen der Minen selber in die Luft sprengten, aber danach immerhin als Märtyrer mithilfe des ausgegebenen Plastikschlüssels das Tor zum Paradies aufschließen durften. Geschichten wie diese, die einem das Gefühl geben, einem abstrus-sarkastischem Alptraum zu lauschen, finden sich im an jeder Ecke, bzw. in den meisten Gesprächen mit Einheimischen.

Zwischen all dem Irrsinn wuselt munter das Leben weiter. Bemerkenswerterweise funktioniert der Verkehr fast komplett ohne Ampeln und komplett ohne Regeln. Zumindest sind mir diese verschlossen geblieben. Der Verkehr stoppt nicht, es sei denn er staut. Ein Motorrad passt dennoch immer irgendwo durch, etwa auf dem Gehsteig (wenn es einen gibt) oder eben durch den Gegenverkehr. Als Fußgänger rennt mein einfach immer irgendwie zwischen den fahrenden Autos durch. »Let’s break a leg«, sagt der iranische Volksmund, wenn er die Straße überquert. Auch der Reiseführer weiß: »Von wegen Terror. Wirklich gefährlich ist im nur der Verkehr«. Wenn man nicht vom Auto erwischt wird – den Abgasen kann man nicht entkommen. Der ungefilterte Smog verewigt sich nicht nur an sämtlichen Gebäuden, auch die Lungen dürfen sich auf eine schicke Musterung freuen. Den beißenden Geschmack von Benzin und Abgas hat man ständig auf der Zunge liegen. Mit 40 Jahren Kette rauchen kann man Lungen aus Teheran wenig beeindrucken.

Die Kontaktaufnahme zur einheimischen Bevölkerung gestaltete sich dagegen überraschend einfach und ohne eigenes Zutun. Auf Schritt und Tritt wird man in meist ausgezeichnetem Englisch (teilweise auch deutsch) angesprochen und wenn man möchte, hat man direkt eine Stadtführung oder eine Einladung in die privaten Räumlichkeiten der jeweiligen Person, inklusive Abendessen. Die Gespräche haken bevor man zu philosophieren beginnt folgende Punkte ab:

Das Leben im ist Scheiße, weil…
Ich würde gerne nach Deutschland/Europa/USA emigrieren, aber…
Wie ist das mit Sex und Beziehung in Deutschland…?

Frau und Mann wird im sorgfältig getrennt. Frauen sitzen im Bus hinten, Männer vorn. In der U-Bahn gibt es einen extra Wagon für Frauen, 15 Waggons für Männer. In Cafes sitzen Männer. Manchmal gibt es einen extra Raum, dort dürfen dann auch Männer mit ihren verheirateten Frauen sitzen. Frauen gibt es mal mehr verschleiert, mal weniger. Ganz unverschleiert gibt es sie nicht. Ohne ihren Tschador (persisch für »Zelt«) darf die iranische Frau nicht vor die Tür bzw vor die Augen der Männer – mindestens Kopf und Hintern müssen gut verhüllt sein. Wenn sie es doch wagen sollte und der Schleier nicht richtig sitzt, wird sie von der Polizei oder den Tugendwächtern verhaftet und/oder verprügelt.
In manchen Cafes trifft sich unerlaubterweise die noch nicht verheiratete Jugend. Händchen halten wird geduldet. Das hätte sich die Generation zehn Jahre zuvor nicht träumen lassen! Küssen ist streng verboten. Beim jugendlichen Flirten (2/3 der Iraner sind unter 25 Jahre alt) kann man die Frauen als den deutlich aktiveren Part beobachten, sie haben es nötiger, sie sind abhängiger. Im privaten Raum dürfen Frauen manchmal auch Mensch sein, blühen auf und zeigen, dass sie besser englisch sprechen und gebildeter sind, als ihre männlichen Altersgenossen. Wenn man Sex haben möchte, braucht man ein Auto und einen privaten Raum – Hotels erlauben keine unverheirateten Paare. Wenn man nicht verheiratet ist und erwischt wird, kostet es, sollte man Glück haben, 50 Euro Geldstrafe. Vielleicht aber auch Prügel oder Folter. Ist man schon ein wenig älter und gehört nicht mehr zur kämpferischen Jugend, darf man mit seiner Parterin nur zusammen sein, wenn man ordentlich verheiratet ist. Darüber wacht die Familie. Ordentlich verheiratet ist man allerdings erst dann, wenn man es sich leisten kann, eine sauteure Hochzeit zu schmeißen, auf die eine Mittelstands-Partnerschaft drei Jahre sparen muss. Für andere bleibt dieser Schritt Richtung »Freiheit«, also die Erlaubnis sich zu sehen, unerreichbar.

Schon am ersten Abend treffen wir auf der Suche nach einem Internetcafe einen sympathischen Herrn Anfang 30, der uns in flüssigem Deutsch auf der Strasse anspricht. Früher hat er in der Tourismusbranche gearbeitet, seit dem 11.September ist nicht mehr daran zu denken, im damit Geld zu verdienen. Die wenigen Touristen die noch kommen, sind knickerige Backpacker wie wir, bei denen nicht viel zu holen ist. Sogleich lässt unsere neue Bekanntschaft eine Reihe hasserfüllter Kommentare über die Regierung des hören um schließlich bei schwer resignierten Tönen anzukommen. Er gibt uns seine Telefonnummer und wir daten uns für den nächsten Abend zum Essen bei ihm zuhause. Er holt uns samt seines Schwagers und dessen 4jährigem Sohn an der vereinbarten Straßenkreuzung ab und wir brausen zur Wohnung des Bruders. Seine eigene sei zu klein, erklärt er. Nachdem die Schuhe ausgezogen sind betreten wir einen herrschaftlich großen Raum, der durch zwei römisch anmutende Säulen eine leichte Trennung erhält und unter prächtiger Stuckdecke sowohl Sofa als auch Esstisch vereint. Es gibt einen großen türlosen Durchgang zur Küche, was dem ganzen noch mehr Weite verleit. So hässlich sich Teheran auch von außen präsentiert, im privaten hat man es sich stets schön eingerichtet. Die Frau des Bruders und die Schwester sind schon gespannt und begrüßen uns. »Nicht die Hand geben«, sagt unser Gastgeber. Ich versuche es trotzdem und eine der Frauen erwidert die Geste. Der Tisch ist reich gedeckt mit allerhand Süsszeug und Tee. Die Frauen werden den Rest des Abends dafür sorgen, dass er gedeckt bleibt. Die Männer essen und reden. Jeder wird ausgiebig auf das Leben im schimpfen.

Spaß ist im verboten. Sagen unsere Bekanntschaften und wir glauben es. Den Spaß möchte man sich aber nicht nehmen lassen und daher wird nach dem Abendessen im eigens ausgebauten Party-Keller SCOOTER aufgelegt und stolz die selbstkonstruierte Lichtmaschine angeschmissen. »Das ist illegal. Das ist Musik gegen die Religion und gegen die Regierung. Wir mögen das. Wir hören alle Pop, Jazz und Metallica« sagt unser Gastgeber mit leuchtenden Augen. Der vierjährige Neffe springt begeistert herum, HP Baxxter schreit »Good to be back – Come on!«. Später rast uns ein anderer Neffe des Gastgebers zurück ins Hotel, während die Bassröhre im Kofferraum vollaufgedrehten Techno hervorwummert. Als wir eine Polizeistreife überholen, wird die Musik kurz leiser gedreht. Von den vielen sich widersprechenden Eindrücken schon am zweiten Tag fallen wir erschlagen in die Hotelbetten…

Fortsetzung folgt


Von Max